Modul Stadtökonomie

Drei Fragen an Kurt Schmidheiny

Wohnungsmangel, neue Mobilitätsbedürfnisse, Gentrifizierung: Die Herausforderungen für Städte und Planungsbehörden haben in den letzten Jahrzehnten stark zugenommen. Das Modul Stadtökonomie thematisiert solche und ähnliche Herausforderungen auf spielerische Weise.

Anhand der interaktiven Simulation «Urbanias» erforschen die Lernenden die Auswirkungen von Zuwanderung, sinkenden Mobilitätskosten und aller Arten von regulatorischen Eingriffen auf Miet- und Bodenpreise, Wohnungsgrössen, Gebäudehöhen, Bevölkerungsdichte und Stadtfläche.

Wir haben bei Kurt Schmidheiny, Professor an der Universität Basel und Entwickler des Modells hinter der Iconomix-Simulation Urbanias, nachgefragt wieso es sich lohnt sich auch auf Sekundarstufe II mit dem Thema Stadtökonomie zu beschäftigen und wie neue Entwicklungen wie Homeoffice Urbanias beeinflusen.

Stadtökonomie

Im Zentrum des Moduls Stadtökonomie stehen stadtökonomische Zusammenhänge. Anhand der Simulation Urbanias wird die Wirkung verschiedener Parameter auf die Entwicklung von Miet- und Bodenpreisen untersucht.

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Iconomix: Das Thema Stadtökonomie kommt in keinem Lehrplan auf Sekundarstufe II vor, auch nicht im gymnasialen Unterricht im Schwerpunktfach Wirtschaft und Recht. Warum ist das Thema aus Ihrer Sicht trotzdem von grosser Relevanz?

Kurt Schmidheiny: Wohnen ist für die meisten Menschen eines der wichtigsten Güter. In der Schweiz geben die Menschen im Durchschnitt etwa einen Viertel ihrer Ausgaben für Wohnen aus. Zudem beschäftigt das Thema die Menschen im Moment gerade sehr: Wohnen ist in letzter Zeit vor allem in den Städten deutlich teurer geworden. Aufgrund der steigenden Preise müssen sich viele fragen, ob sie sich das Wohnen in der Stadt überhaupt noch leisten können. Die Frage, wieso Wohnraum so teuer ist und was man dagegen tun kann, ist somit hochaktuell, aber auch recht kompliziert. 

Sie sind sozusagen der Vater der Iconomix-Simulation Urbanias und setzen diese selbst regelmässig in Ihren Vorlesungen und Weiterbildungskursen ein. Was macht Urbanias für Sie als Ökonom so besonders?

Ich setzte Urbanias sehr gerne als Einstieg in die Thematik ein, vor allem in Vorlesungen für Nicht-Ökonomen, denen das Denken in ökonomischen Modellen nicht so vertraut ist. Mit Urbanias können die Studierenden spielerisch erleben, wie Menschen und Unternehmen auf Preise für Wohnraum reagieren und die zugrundeliegenden Zusammenhänge selber erfahren. Dies erleichtert die nachfolgende Einführung in die Theorie enorm.

Der Simulation Urbanias liegt das monozentrische Stadtmodell zugrunde. Dieses geht von der Annahme aus, dass alle Bewohner:innen einer Stadt im Zentrum arbeiten wollen. Im Zeitalter von Homeoffice ist dies jedoch immer weniger der Fall. Hat das Modell damit noch seine Berechtigung?

Im Modell wird davon ausgegangen, dass alle ins Stadtzentrum pendeln wollen, weil sie dort arbeiten. Deshalb ist im Modell der Preis im Zentrum am höchsten und am Stadtrand am tiefsten. Grundsätzlich können Wohnlagen in einer Stadt aber aus ganz unterschiedlichen Gründen attraktiv sein, beispielsweise, weil es dort viele Restaurants, kulturelle Angebote und Einkaufsmöglichkeiten gibt oder weil ein Quartier besonders schön ist. Bei all diesen Standortfaktoren spielen die gleichen ökonomischen Mechanismen wie im einfachen Modell. 


Städte und vor allem ihre Zentren waren, historisch gesehen, immer attraktive Orte. Die Gründe dafür haben sich im Laufe der Zeit aber gewandelt. Am Anfang waren Städte attraktiv, weil sich Handel und Handwerk dort befanden, später wegen der industriellen Produktion und danach als Standort für den Dienstleistungssektor. Heute sind Städte vor allem auch durch ihr reiches Kultur- und Freizeitangebot attraktiv. Die Attraktivität der Städte hat sich laufend gewandelt aber ihre Anziehungskraft blieb ungebrochen – und damit auch der hohe Wohnpreis. 

Kurt Schmidheiny

Quelle: zVg. durch Kurt Schmidheiny

Kurt Schmidheiny ist Professor für Ökonomie und Angewandte Ökonometrie an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Basel. Er publiziert regelmässing in führenden wissenschaftlichen Zeitschriften und ist Mitglied im Herausgeberrat des «Journal of Urban Economics» und des «Journal of Economic Geography».


Mit seinem Forschungsteam untersucht Kurt Schmidheiny Fragen der öffentlichen Finanzen sowie der Regional- und der Stadtökonomie mit besonderem Schwerpunkt auf der Standortwahl von Haushalten und Firmen.