Ob beim Online-Shopping, beim Skifahren oder im Kino – Preisdiskriminierung begegnet uns im Alltag häufig. Aber was bedeutet Preisdiskriminierung genau? Welches Ziel verfolgen Unternehmen damit? Und welche Auswirkungen hat Preisdiskriminierung auf die Wohlfahrt? Dieser Fachtext fasst die wichtigsten Grundlagen zusammen.
Preisdiskriminierung ist eine Strategie, bei der Unternehmen die Preise für dasselbe Produkt oder dieselbe Dienstleistung an verschiedene Kundengruppen oder Kaufsituationen anpassen.
Das Ziel der Preisdiskriminierung ist die Steigerung von Unternehmensgewinnen, indem die unterschiedlichen Zahlungsbereitschaften unterschiedlicher Kundengruppen ausgenutzt werden.
Was heisst das für die gesamtwirtschaftliche Wohlfahrt? Bei perfekter Preisdiskriminierung und somit bei Berücksichtigung aller unterschiedlichen Zahlungsbereitschaften können die Unternehmen einen grösseren Teil der Konsumentenrente abschöpfen. Das allein hat noch keine Auswirkungen auf die Grösse, sondern nur auf die Zusammensetzung der gesamtwirtschaftlichen Wohlfahrt. Es stellt lediglich eine Umverteilung von Konsumenten- zu Produzentenrente dar.
Zusätzlich können die Unternehmen neue Kundengruppen bedienen, deren Zahlungsbereitschaft tiefer liegt als der bisherige Preis. Dies erhöht die Produzentenrente, ohne dass die Konsumentenrente kleiner wird, da ein grösserer Markt bedient wird. Die gesamtwirtschaftliche Wohlfahrt steigt.
Da es einem Unternehmen in Realität unmöglich ist, alle Zahlungsbereitschaften der Kundinnen und Kunden zu ermitteln, ist das Konzept perfekter Preisdiskriminierung eher von theoretischer Bedeutung.
Die gesamtwirtschaftliche Wohlfahrt ist die Summe aus Konsumenten- und Produzentenrente.
Die Konsumentenrente ist die Differenz zwischen der maximalen Zahlungsbereitschaft eines Konsumenten oder einer Konsumentin und dem tatsächlichen Kaufpreis eines Gutes. Umso näher der tatsächliche Kaufpreis an der maximalen Zahlungsbereitschaft liegt, desto geringer ist die Konsumentenrente.
Die Produzentenrente ist die Differenz zwischen dem Preis, den ein Unternehmen für ein Gut erhält, und dem minimalen Preis, für den das Unternehmen das Gut anbieten könnte.
Die Zahlungsbereitschaft meint den individuellen Höchstbetrag, den Kundinnen und Kunden für ein Produkt oder eine Dienstleistung zu zahlen bereit sind. Sie hängt unter anderem von eigenen Bedürfnissen und finanziellen Mitteln ab.
Mehr Informationen zu den einzelnen Begriffen finden Sie im Lehrbuch Volkswirtschaftslehre von Aymo Brunetti (15. Auflage, 2023): Wohlfahrt S. 72, Konsumenten- und Produzentenrente S. 71, Zahlungsbereitschaft S. 39.
Damit Preisdiskriminierung möglich ist, müssen zwei Marktvoraussetzungen erfüllt sein.
Erstens muss es sich um einen unvollkommenen Markt handeln. In einem unvollkommenen Markt gibt es so wenige Anbietende, dass diese eine gewisse Marktmacht besitzen und den Preis für ihr Produkt durch ihr Marktverhalten beeinflussen können.
Im Gegensatz dazu sind bei einem vollkommenen Markt die Preise für alle Marktteilnehmenden identisch, da sie durch den Wettbewerb zwischen den Anbietenden entstehen.
Zweitens muss es dem Unternehmen möglich sein, den Markt in Teilmärkte aufzuteilen, um verschiedenen Kundengruppen unterschiedliche Preise zu berechnen. Die Teilmärkte müssen zudem klar voneinander abgegrenzt sein. Denn wenn Kundinnen und Kunden Zugang zu mehreren Teilmärkten haben, dann können sie auf dem Markt mit dem tieferen Preis ein Produkt kaufen, um es auf dem Markt mit dem höheren Preis weiterzuverkaufen.
Man unterscheidet drei Formen der Preisdiskriminierung:
Beide Begriffe bezeichnen das gleiche Phänomen: Unterschiedliche Preise für ein und dasselbe Produkt oder dieselbe Dienstleistung, jeweils angepasst an unterschiedliche Kundengruppen.
Die Begriffe werden jedoch in unterschiedlichen Kontexten verwendet: Der Begriff «Preisdifferenzierung» wird vor allem im Marketing, einem Teilgebiet der Betriebswirtschaftslehre, verwendet. Der Fokus liegt dabei auf der Preissetzungsstrategie von Unternehmen und wie diese die maximalen Zahlungsbereitschaften ihrer Kundinnen und Kunden identifizieren.
Der Begriff «Preisdiskriminierung» hingegen wird in der Volkswirtschaftslehre verwendet. Im Zentrum steht, wie die Unterteilung in Kundengruppen erfolgt und welche Auswirkungen die unterschiedlichen Preise in den verschiedenen Teilmärkten auf die Konsumenten- und Produzentenrente haben.