Von Preisdifferenzierung spricht man, wenn ein Produkt oder eine Dienstleistung vom gleichen Anbieter bei gleichen Herstellungskosten zu unterschiedlichen Preisen angeboten wird. Oft wird auch der Ausdruck «dynamic pricing» (dynamische Preissetzung) verwendet.
Der Anbieter setzt je nach Verkaufsort unterschiedliche Preise fest.
Der Zeitpunkt des Kaufs oder der Nutzung beeinflusst den Preis.
Der Preis ist abhängig von persönlichen Merkmalen der Kunden wie Alter oder Einkommen.
Der Preis ist abhängig von der gekauften Menge.
Auf Buchungsseiten für Hotelzimmer oder Flugreisen steigen oder sinken die Preise häufig je nach Tageszeit oder Wochentag. Eine wichtige Rolle spielt auch der «digitale Fingerabdruck», den wir beim Surfen abgeben: Anhand der IP-Adresse können Onlineshops feststellen, aus welcher Region jemand auf die Website zugreift. Technische Daten verraten, welches Gerät wir zum Surfen verwenden und ob wir uns ein Angebot in kurzer Zeit mehrere Male ansehen. Anhand dieser Daten berechnen viele Onlineshops dynamische Preise. Preisdifferenzierung im Internet ist also meist eine Mischung verschiedener Formen (z. B. räumlich, zeitlich und personell).
Im Falle einer perfekten Preisdifferenzierung kennt der Anbieter eines Gutes oder einer Dienstleistung die maximale Zahlungsbereitschaft jedes einzelnen Kunden und jeder einzelnen Kundin. Er kann jedem Kunden und jeder Kundin einen anderen Preis – entsprechend der jeweiligen maximalen Zahlungsbereitschaft – berechnen. So werden von Leuten mit höherem Einkommen also tendenziell höhere und von weniger zahlungskräftigen oder zahlungswilligen Kunden tiefere Preise verlangt. Im Vergleich zu der Situation mit einem Einheitspreis bedient der Produzent mehr Kunden und kann dadurch seinen Gewinn steigern.
Was heisst das für die Wohlfahrt? Die Konsumentenrente entspricht der Zahlungsbereitschaft eines Konsumenten für ein Gut, abzüglich des Preises, den er dafür bezahlen muss. Bei perfekter Preisdifferenzierung (siehe Grafik 3) schöpft der Produzent die gesamte Konsumentenrente ab. Gleichzeitig erweitert er seine Produzentenrente, indem er die Preise senkt und Kunden mit tieferer Zahlungsbereitschaft bedient, die ansonsten vom Konsum ausgeschlossen wären. Entsprechend steigt die gesamtwirtschaftliche Wohlfahrt – die Summe der Konsumenten- und Produzentenrente – zugunsten des Produzenten. Die drei nebenstehenden Grafiken zeigen die Veränderung von Konsumenten- und Produzentenrente am Beispiel eines monopolistischen Anbieters, der Preisdifferenzierung anwendet.
In der Realität kommt perfekte Preisdifferenzierung allerdings nie vor. Es ist für Produzenten unmöglich, jedem einzelnen Nachfrager einen individuellen Preis zu verrechnen. Anbieter identifizieren und verrechnen vielmehr die Zahlungsbereitschaft verschiedener Kundengruppen (oder Marktsegmente). Dadurch schöpfen sie nicht die ganze, sondern nur einen Teil der Konsumentenrente ab (siehe Grafik 2).