Ökonomische Grundprinzipien

Was Iconomix unter breit anwendbaren ökonomischen Prinzipien und Konzepten versteht, verdeutlich der nachfolgende Themenkatalog:

01. Knappheit, Trade-offs und Opportunitätskosten

Die Ressourcen sind begrenzt. Insbesondere genügen die vorhandenen Ressourcen nicht, um sämtliche, grundsätzlich unbegrenzte Bedürfnisse der Menschen zu befriedigen. Dies zwingt die Leute, Entscheidungen zu treffen. Jeder Mensch steht im Alltag und sein ganzes Leben lang vor Güterabwägungen (Trade-offs): Wann immer man sich für etwas entscheidet, gibt man etwas anderes auf. Das, was man aufgibt, nennt man die Opportunitätskosten einer Handlung.

02. Menschen reagieren auf Anreize

Die Menschen reagieren auf positive und negative Anreize, und zwar im Durchschnitt auf vorhersehbare Weise. Sie vergleichen beim Entscheiden (Grenz-)Kosten und (Grenz-)Nutzen einer Handlung und handeln so, dass für sie der grösstmögliche Nutzen herausschaut. Wenn die Kosten oder der Nutzen einer Handlung ändern, passen die Leute ihre Entscheidungen an. Anreize können materieller oder immaterieller Natur sein. Das Verstehen der wirksamen Anreize hilft im Alltag, das Verhalten von Menschen zu erklären und abzuschätzen.

03. Gewinne aus Handel und Spezialisierung

Bei einem freiwilligen Handel gewinnen alle Beteiligten (oder sind danach zumindest nicht schlechter gestellt). Dies trifft sowohl für den Handel zwischen einzelnen Personen als auch für den Handel zwischen Ländern zu. Handel ist eine Voraussetzung für die Spezialisierung, bei der sich Individuen, Regionen oder Länder auf die Produktion jener Güter und Dienste konzentrieren, welche sie relativ am besten produzieren können. Handel und Spezialisierung erhöhen Produktion und Konsum und sind eine wichtige Ursache für den Anstieg des Wohlstands in der bisherigen Menschheitsgeschichte.

04. Markt, Rolle des Preises und Rolle des Wettbewerbs

Das Preisverhältnis verschiedener Güter zueinander, die so genannten Relativpreise, ist ein wichtiges Signal und ein Anreiz für die Anbietenden und Nachfragenden von Gütern und Dienstleistungen. Relativpreise widerspiegeln die Knappheit eines Gutes: Ein hoher Preis lässt auf ein im Vergleich zu den Bedürfnissen knappes Gut schliessen. Marktpreise werden durch Angebot und Nachfrage bestimmt und passen sich an, bis die angebotene und die nachgefragte Menge beim Gleichgewichtspreis übereinstimmen. Ein Anstieg der Nachfrage oder ein Rückgang des Angebots erhöhen den Preis eines Gutes. 
 Anbietende und Nachfragende von Gütern und Dienstleistungen treffen auf Märkten aufeinander. Märkte sorgen in der Regel für eine effiziente Allokation von knappen Gütern. Das heisst, der Marktmechanismus sorgt dafür, dass jene Güter und Dienstleistungen (in jener Menge, an jenem Ort und zu jener Zeit) angeboten werden, welche die Konsumentinnen und Konsumenten am meisten benötigen. Das Gegenstück zum Marktmechanismus wäre eine zentrale Planung, die sich jedoch historisch als wenig erfolgreich erwiesen hat. 
 Wettbewerb unter den Anbietenden sorgt für eine effiziente Produktion und für ein optimales Preis-Leistungs-Verhältnis der angebotenen Güter und Dienste. Unterschiedliche Marktstrukturen führen zu einem unterschiedlich intensiven Wettbewerb. 
 Wichtige Märkte sind neben jenen für Güter und Dienstleistungen auch der Arbeitsmarkt und die Finanzmärkte (vgl. dazu die ergänzenden Themen «Arbeitsmarkt» [Punkt 15] und «Rolle der Finanzmärkte» [Punkt 16]).

05. Unternehmertum, Kapital und Gewinne

Unternehmer sind Leute, die auf eigenes Risiko Ressourcen (Kapital, Zeit und Effort) einsetzen, um Güter und Dienstleistungen zu produzieren. Gewinne sind wichtige Anreize, welche sie für das eingegangene Risiko entschädigen. Unternehmertum ist ein Schlüssel für Innovation und die Schaffung von Arbeitsplätzen. In Kapitalgesellschaften sind im Gegensatz zu Personengesellschaften die Rollen der Eigentümerschaft des Unternehmens und der Unternehmensführung (angestellte Manager und Managerinnen) oft getrennt. In diesem Fall besteht eine Herausforderung darin, dass das Unternehmen tatsächlich im Sinne der Eigentümerschaft geführt wird (Stichwort Principal-Agent-Problematik).

06. Externalitäten, Allmenden und öffentliche Güter

 Externalitäten sind Kosten oder Nutzen, welche nicht über Marktpreise abgegolten werden. Ursache sind fehlende Eigentumsrechte bzw. die fehlende Durchsetzungsmöglichkeit. Bei negativen (bzw. positiven) externen Effekten werden gesellschaftlich betrachtet zu hohe Kosten (bzw. zu wenig Nutzen) generiert, da sie von den Personen, welche die entsprechenden Entscheide fällen, nicht berücksichtigt werden. Beides führt oft zu staatlichen Eingriffen. Ein Allmendegut ist ein Gut, von dessen Nutzung niemand ausgeschlossen werden kann, um welches aber eine Rivalität zwischen den Nutzenden herrscht. Dies führt tendenziell zur Über(be)nutzung wie z.B. bei Fischbeständen in öffentlichen Gewässern. 
 Bei öffentlichen Gütern kann niemand von der Nutzung ausgeschlossen werden, und es liegt keine Rivalität im Konsum vor. Obwohl es Interesse am Gut gibt, will niemand einen Marktpreis entrichten. Häufig werden solche Güter deshalb vom Staat bereitgestellt (beispielsweise die Landesverteidigung). 

07. Rolle des Staates

Der Staat übt in einer Marktwirtschaft eine wichtige Funktion aus. Erstens sorgt er für eine Rechtsordnung und gewährleistet Grund- und Eigentumsrechte. Zweitens kann der Staat beim Vorliegen eines so genannten Marktversagens korrigierend in das Wirtschaftsgeschehen eingreifen. Drittens kann der Staat eine Umverteilung von Einkommen und Vermögen vornehmen, wenn die Gesellschaft mit der aus dem Markt resultierenden Verteilung nicht einverstanden ist. Staatliche Eingriffe können aber auch unerwünschte Nebeneffekte und Kosten auslösen. Es ist im Allgemeinen schwierig, die Marktkräfte auszuhebeln. Zudem versuchen zahlreiche Interessengruppen, staatliche Aktivitäten zu beeinflussen und für ihre Einzelinteressen einzuspannen.

08. Geld und Inflation

Geld dient als Zahlungsmittel, als Recheneinheit und als Wertaufbewahrungsmittel. Geld erleichtert damit den Austausch von Gütern, das Vergleichen des Werts verschiedener Güter, Dienstleistungen, Einkommensströme, Vermögen usw. und das Anlegen und Kreditaufnehmen. Eine Wirtschaft mit Geld ist effizienter als eine Tauschwirtschaft. Geld wird von den Zentralbanken bereitgestellt. 
 Als Inflation bezeichnet man die Steigerung des allgemeinen Preisniveaus. Inflation ist kostspielig. Sie beeinträchtigt die Funktionen des Geldes und führt zu Umverteilungen, u.a. zulasten von Sparenden und von Personen, die eine Rente beziehen. Inflation entsteht, wenn zu viel Geld in den Wirtschaftskreislauf geführt wird. Die Gewährleistung von Preisstabilität ist deshalb heutzutage die Hauptaufgabe der Zentralbanken. 

09. Strategisches Denken

In Situationen, wo das Resultat der Handlung einzelner Akteure wesentlich vom Verhalten anderer Einzelner abhängt, spielt strategisches Denken eine zentrale Rolle. Es gilt zu berücksichtigen, wie andere auf eigene Handlungen reagieren und dass wiederum die andern dies auch berücksichtigen. Wenn niemand im Alleingang von einem Handlungsmuster abweichen will, besteht ein Gleichgewicht und insofern eine «stabile» Situation. Ohne verbindliche Absprache kann es zu Resultaten kommen, die niemand von den Beteiligten wünscht. Wichtig sind in strategischen Situationen das Timing, die Glaubwürdigkeit und die Möglichkeit der Selbstbindung. Versprechungen und Drohungen sind nur wirksam, wenn es glaubwürdig erscheint, dass diese auch umgesetzt werden.

10. Asymmetrische Information

Information ist eine wichtige Entscheidungsgrundlage im Alltag, ihre Beschaffung ist kostspielig oder in gewissen Fällen gar nicht möglich. Die verschiedenen Marktteilnehmenden sind deshalb in der Regel nicht perfekt und vor allem oft unterschiedlich bzw. asymmetrisch informiert. Dieser Umstand beeinflusst das Verhalten der Beteiligten: Die besser informierte Seite hat die Möglichkeit, ihren Informationsvorsprung auszunutzen, und die uninformierte Seite ist sich dessen bewusst. Dies kann das Funktionieren der Märkte beeinträchtigen.

11. Unsicherheit, Risiko und Versicherungen

Das Leben zeichnet sich durch Unsicherheit aus. Von mehreren möglichen Ergebnissen einer Handlung weiss man im Voraus selten genau, welches eintreffen wird. Als Risiko bezeichnet man die Möglichkeit, dass das Ergebnis einer Handlung nicht den erwarteten Ausgang nimmt. Je weiter die möglichen Ergebnisse auseinanderliegen, desto grösser ist das Risiko. Die meisten Menschen sind risikoscheu. Sie erhalten z.B. lieber eine gewisse Summe mit Sicherheit als entweder die doppelte Summe mit einer Wahrscheinlichkeit von 50% oder gar nichts. Oder sie bezahlen lieber eine kleine Summe mit Sicherheit, als dass sie mit einer kleinen Wahrscheinlichkeit einen grossen Verlust auf sich nehmen. Deshalb schliessen die Leute Versicherungen ab. Versicherungen üben einen wichtigen Einfluss auf das Verhalten der Versicherten aus und verändern dieses tendenziell in Richtung Sorglosigkeit.

12. Zins, Kredit, Sparen und Investieren

 Der Zins ist ein Preis, welcher ein Kreditnehmer oder eine Kreditnehmerin (Schuldner) der Kreditgeberin bzw. dem Kreditgeber (Gläubiger) für das Bereitstellen von Kapital bezahlt. Zinszahlungen entschädigen den Kreditgeber für das Aufschieben des Konsums und das Risiko, dass die Rückzahlung der Schuld ausfällt. Zinssätze unterscheiden sich u.a. nach Laufzeit, Währung und Kreditwürdigkeit. 
Wer mehr ausgibt als einnimmt, verschuldet sich. Ein Kredit ermöglicht es, heute etwas zu konsumieren, ohne gleich dafür zu bezahlen. Der Preis dafür ist, dass man später mehr bezahlen muss (Zins). Möglichkeiten der Kreditaufnahme sind Kreditkarten, Leasing, Konsumkredit, Hypothekarkredit usw. 
Wer mehr einnimmt als ausgibt, erzielt Ersparnisse. Möglichkeiten, Ersparnisse anzulegen oder zu investieren, sind: Bankkonti, Aktien, Obligationen, Anlagefonds, Derivate, Immobilien usw. Im Allgemeinen besteht ein Trade-off: je höher die erwartete Rendite, desto höher auch das Risiko. Durch Diversifikation lässt sich das Risiko aber bis zu einem gewissen Grad verkleinern, ohne die erwartete Rendite zu schmälern.

13. Wirtschaftswachstum und Entwicklung

Als Wachstum bezeichnet man einen langfristigen realen Anstieg der Produktion von Gütern und Dienstleistungen eines Landes. Die zu Marktpreisen bewertete Pro-Kopf-Produktion von Gütern und Dienstleistungen bildet ein wichtiges (wenn auch nicht perfektes) Mass für den Wohlstand eines Landes. Eine weitere zentrale Grösse für den Wohlstand ist die Produktivität: Länder, welche grössere Mengen von Gütern und Dienstleistungen pro eingesetzte Arbeitszeit herstellen können, erzielen einen höheren Lebensstandard. Wichtige Einflussfaktoren auf das Wachstum sind das eingesetzte Human- und Sachkapital, der technologische Fortschritt und die Qualität von Institutionen (z.B. des Rechtssystems, u.a. zum Schutz der Eigentumsrechte).

14. Konjunktur

Während einer kurzen Zeit treten Konjunkturschwankungen auf. Phasen des Aufschwungs zeichnen sich durch ein überdurchschnittliches Wirtschaftswachstum und eine tiefe Arbeitslosigkeit aus, Rezessionen durch ein unterdurchschnittliches (negatives) Wachstum und eine hohe Arbeitslosigkeit. Die Geldpolitik und die Steuer- und Ausgabepolitik des Staates beeinflussen Output, Arbeitslosigkeit und Preisniveau. Man kann versuchen, mit diesen so genannten wirtschaftspolitischen Instrumenten Konjunkturschwankungen zu glätten. So besteht z.B. kurzfristig ein Trade-off zwischen der Inflation und dem Output einer Volkswirtschaft, welchen die Geldpolitik bis zu einem gewissen Grad ausnützen kann. Langfristig allerdings beeinflusst die Geldpolitik nur die Inflation, d.h., sie ist neutral.

15. Arbeitsmarkt und Einkommen

Das Einkommen aus Arbeit ist für die meisten Menschen das wichtigste Einkommen. Das Arbeitseinkommen wird auf dem Arbeitsmarkt bestimmt, wo Anbietende (Arbeitskräfte) und Nachfragende (meist Firmen) von Arbeit aufeinandertreffen. Das Arbeitseinkommen wird in der Regel durch den Marktwert der angebotenen Leistung bestimmt. Dieser Marktwert hängt u.a. wesentlich von den vorhandenen Fähigkeiten der Arbeitnehmenden und damit nicht zuletzt auch von deren Ausbildung ab.

16. Rolle der Finanzmärkte und deren Institutionen

Finanzmärkte sorgen dafür, dass die vorhandenen Finanzmittel von Sparenden zu den Firmen und Personen gelangen, welche diese Mittel investieren wollen. Die von Finanzmärkten gebotenen Möglichkeiten zur Kreditaufnahme oder zur Vermögensanlage führen dazu, dass Einkommen einerseits und Konsum oder Investitionen andererseits nicht gleichzeitig erfolgen müssen. Sie ermöglichen somit den Austausch von Gütern über die Zeit hinweg. Wichtige Institutionen der Finanzmärkte sind insbesondere Banken und Börsen. Weil es ineffizient wäre, wenn sich sämtliche einzelne Gläubiger und Schuldner direkt suchen und einander kontaktieren müssten, schalten sich Banken als Vermittler (so genannte Finanzintermediäre) dazwischen.

17. Internationale Verflechtung

Menschen, Güter, Dienstleistungen, Kapital und Informationen können sich zunehmend frei über nationale Grenzen bewegen. Ursache dafür sind sinkende Transaktionskosten und die Aufgliederung der Produktionsprozesse. Diese internationale Verflechtung und deren Folgen werden unter dem Begriff «Globalisierung» zusammengefasst. Diese eröffnet neue Möglichkeiten und Freiheiten wie Handel, Anlagemöglichkeiten, Informationsfluss oder Migration. Sie hat aber auch kontrovers diskutierte Folgen für Arbeitsplätze und -einkommen, Strukturwandel, Umwelt- und Arbeitsstandards, Stabilität der Wirtschaft und Spielraum der nationalen Politik. Es liegt somit auf der Hand, dass die internationale Verflechtung ein wichtiges politisches Thema ist und dass unterschiedlich betroffene Bevölkerungs- und Interessengruppen dabei unterschiedliche Standpunkte vertreten.