Fintech: Deposit & Lending
Fintech: Deposit & Lending

Hintergrundinformation

Fintech: Deposit & Lending

Deposit & Lending: Teilbereiche und ihre aktuelle Bedeutung in der Schweiz

Eine zentrale Aufgabe der Bank besteht darin, dass sie Gelder von Sparerinnen und Sparern entgegennimmt. Diese Gelder werden auf Konten einbezahlt und – zu höheren Zinssätzen, als die Spargelder verzinst werden – in Form von Krediten an Kundinnen und Kunden weitergegeben. Die Bank übernimmt dadurch eine Vermittlerrolle zwischen Sparenden und Kreditnehmenden. Dies nennt man die Finanzintermediations-Funktion. Eine typische Schweizer Universalbank ist stark abhängig von diesem Zinsdifferenzgeschäft. Rund 75 Prozent der Erträge stammen durchschnittlich aus diesem Geschäftszweig.

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Grafik 1: Prozentualer Anteil Zinsdifferenzgeschäftsertrag
gemessen am gesamten Erfolg

Die Digitalisierung und das sich dadurch verändernde Kundenverhalten führen auch bei dieser Kernfunktion von Retailbanken zu neuen Chancen und Risiken. Durch die technologischen Fortschritte können Banken – auch ausserhalb ihres angestammten Marktgebietes – über das Internet Hypothekar- oder Firmenkredite vergeben. Ebenso können im Bereich der Einlagen und des Spargelds digitale Lösungen angeboten werden. Auf der anderen Seite bietet die Digitalisierung auch neuartigen Marktteilnehmern die Chance, sich in diesem bislang von Banken dominierten Markt zu positionieren. Im Bereich der Kreditvergabe (Lending) sind aus Fintech-Sicht vor allem die folgenden drei Entwicklungen für die Banken speziell relevant: Die Entwicklungen im Bereich des Online-Hypothekarmarktes Entwicklungen im Bereich der Online-KMU-Kredite Neue Geschäftsmodelle im Bereich Crowdfunding und Marketplace Lending

Verschiedene Fintech-Angebote im Kreditbereich (Lending)

Der Markt für Online-Hypotheken

Seit der Lancierung der ersten Online-Hypothek im Jahr 2012 in der Schweiz wächst der Markt für Online-Hypotheken stetig. Immer mehr Banken und Vermittler bieten ihren Kunden an, die Hypothek komplett online, d.h. auch ohne Gespräch mit einem Bankberater, abzuschliessen oder eine auslaufende Hypothek so vollkommen online zu verlängern. Bei vielen Banken sind die Zinskonditionen bei einem Online-Abschluss dadurch günstiger.

Auch aus Kundensicht scheint das Angebot auf Anklang zu stossen. Gemäss einer durch das Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ der Hochschule Luzern durchgeführten Umfrage können sich mehr als die Hälfte der befragten Umfrageteilnehmenden vorstellen, zukünftig eine Hypothek online abzuschliessen. 94 Prozent dieser Personen können sich einen Online-Abschluss vor allem bei einer Verlängerung der Hypothek vorstellen. 31 Prozent dieser Personen geben an, gegebenenfalls auch eine Neuhypothek über den Online-Kanal abzuschliessen.

Insgesamt hat der Online-Abschluss von Hypotheken also grosses Potenzial und wird wohl vor allem im Bereich der Verlängerung von Hypotheken relevant werden. Ebenso kann festgehalten werden, dass die Banken sich stark mit dem Thema beschäftigen und viel Geld investieren, um ein entsprechendes Online-Angebot aufzubauen. Gleichzeitig ist die Online-Hypothek aber keine «echte» Fintech-Innovation. Vielmehr wird ein bestehendes Produkt über einen neuen Vertriebskanal angeboten.

Der Markt für Online-KMU-Kredite

Auch im Bereich der Kredite an kleinere und mittelgrosse Unternehmungen ist ein ähnlicher Trend wie im Bereich der Online-Hypotheken festzustellen. Dank den digitalen Möglichkeiten bieten einige Banken ihren KMU-Kunden an, den Kreditantrag direkt im E-Banking zu stellen und auch ohne persönlichen Kontakt zu einem Bankmitarbeitenden einen Kredit zu erhalten. Teilweise erhalten Kunden sofort ein Angebot für einen Kredit mit einem entsprechenden Zins.

Insgesamt kann aber festgestellt werden, dass das Thema Online-KMU-Kredit derzeit für die meisten Banken eine noch geringere Bedeutung hat als das Thema Online-Hypotheken.

Neue Geschäftsmodelle im Bereich Crowdfunding und Marketplace Lending

> Crowdfunding

Crowdfunding ist eine Methode der Geldvermittlung über Plattformen im Internet für verschiedenartige Projekte. Dazu gehören beispielsweise Kredite an Unternehmen, Beteiligungen an einem Start-up, der Miterwerb einer Immobilie oder die Finanzierung sozialer Projekte. Crowdfunding-Projekte weisen somit eine hohe Bandbreite auf. Sie haben jedoch gemeinsam, dass in der Regel viele Personen einen oftmals kleinen Betrag zur Verfügung stellen und so die Realisierung eines Projekts ermöglichen. Zentrales Element aller Crowdfunding-Formen ist zudem die direkte, internetbasierte Kommunikation zwischen Geldgebenden und Kapitalnehmenden.

Die Vermittlung von Krediten über Crowdfunding heisst «Crowdlending». Beim Crowdlending leihen in der Regel private oder institutionelle Kreditgeber einem Kapitalnehmer Geld. Institutionelle Kreditgeber sind beispielsweise Versicherungen, Pensionskassen oder Anlagefonds.

Potenzielle Kreditnehmer stellen einen Kreditantrag bei der Crowdlending-Plattform und müssen verschiedene Daten offenlegen, damit die Plattform die Kreditwürdigkeit und die Kreditfähigkeit prüfen kann. Kapitalgeber können danach auf einer Crowdlending-Plattform ihren gewünschten Kreditnehmer aussuchen und in Form der Kreditvergabe in ihn investieren. Hat sich eine genügende Anzahl an Investoren gefunden, um den vom Kreditnehmer gewünschten Betrag zu finanzieren, wird ein Kreditvertrag zwischen den Kreditgebern und dem Kreditnehmer abgeschlossen. Die Investoren überweisen dazu dem Kreditnehmer den anteiligen Kreditbetrag. In der Folge hat der Kreditnehmer den Kreditbetrag typischerweise über eine vorbestimmte Laufzeit an die Kreditgeber zurückzuzahlen, zuzüglich der vereinbarten Zinsen. Der gesamte Prozess wird über die Crowdlending-Plattform abgewickelt. Für diese Dienstleistungen erhält die Crowdlending-Plattform je nach Geschäftsmodell verschiedene Gebühren von Kreditnehmern und/oder Kreditgebern. Im Gegensatz zu den bereits erwähnten Online-KMU-Krediten oder Online-Hypotheken kommt die Finanzierung beim Crowdlending also nicht von einer Bank, sondern von verschiedenen Investoren.

> Marketplace Lending

Neben den erwähnten klassischen Crowdlending-Geschäftsmodellen sind in den letzten zwei bis drei Jahren weitere Plattformen entstanden, die sich ausschliesslich an professionelle und institutionelle Investoren (z.B. Pensionskassen) richten. Auf der Geldnehmer-Seite richten sich beispielsweise Plattformen wie Loanboox oder Cosmofunding (von der Bank Vontobel) vornehmlich an öffentlich-rechtliche Körperschaften (ÖRK) wie Gemeinden, Städte oder Kantone. Diese können ihre Kredite – statt bei einer Bank – auch über entsprechende Plattformen aufnehmen.

Das Geld kommt dabei – ähnlich wie beim Crowdlending – direkt von einem oder mehreren Kreditgebern und nicht über die Bank.

Digitales Sparen (Deposit)

In der Schweiz ist die Sparquote – im Vergleich zum Ausland – noch immer ziemlich hoch. Auch dadurch sind die Kundengelder (Verpflichtungen aus Kundeneinlagen und Kassenobligationen) seit 1996 stark gewachsen. In absoluten Zahlen sind die Kundengelder bei Kantonalbanken, Grossbanken, Regionalbanken und Sparkassen sowie Raiffeisenbanken von 623 Milliarden Franken im Jahr 1996 auf 1,34 Billionen Franken im Jahr 2018 gewachsen. Dies entspricht einem Faktor von 2,1. Mit Berücksichtigung der Inflation haben sich die Spargelder etwa um den Faktor 1,9 erhöht in dieser Zeitperiode.

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Grafik 2: Entwicklung der Kundeneinlagen bei Geschäftsbanken in der Schweiz

Gemäss der Einschätzung der Deutschen Bank weisen das Spargeschäft von Banken und die damit verbundenen Sparprodukte eine grosse Gefahr der Substitution durch neue Marktteilnehmer auf (Deutsche Bank, 2014). Dennoch haben sich digitale Sparprodukte im Gegensatz zu Produkten aus dem Finanzierungsmarkt oder dem Anlagemarkt der Banken noch wenig durchgesetzt. In der Schweiz ist nur ein verschwindend kleiner Teil in digitalen Sparprodukten angelegt.

Interessante Angebote gibt es derzeit im Bereich von digitalen Lösungen von Säule-3a-Produkten (z.B. Viac, Vermögenszentrum), im Bereich von persönlichen, üblicherweise von zahlreichen Banken im E-Banking integrierten Finanzassistenten (damit haben Bankkunden die Möglichkeit, kostenlos ihre Ein- und Ausgaben zu analysieren, zu kategorisieren und Budgets zu erstellen) oder im Bereich des «Rundungssparens». Bezahlt der Kunde etwas mit seiner Karte, wird der Kaufbetrag auf z.B. die nächsten 10 Franken aufgerundet. Der Betrag, welcher durch dieses Aufrunden zusammenkommt, wird danach auf ein (Spar-)Konto übertragen.

Fintech-Entwicklungen im Kreditbereich – was bedeutet dies für die Banken?

Eine volkswirtschaftliche Kernfunktion der Banken besteht darin, Gelder von Sparern entgegenzunehmen und damit Kredite zu vergeben. Diese Finanzintermediations-Funktion haben in der Vergangenheit fast ausschliesslich Banken übernommen.

Generell lässt sich sagen, dass die entsprechende Aufgabe auch in Zukunft absolut zentral für das Funktionieren der Volkswirtschaft sein wird. Die technologischen Entwicklungen und das dadurch auch veränderte Kundenverhalten können allerdings die zuvor fast ausnahmslos bei den Banken angesiedelten Tätigkeiten im Bereich Kreditvergabe und Spargelder zumindest teilweise verändern.

Derzeit gibt es verschiedene neue Geschäftsmodelle im Bereich Crowdlending und Marketplace Lending, welche sich einen Teil des Marktanteils von Banken ergattern möchten. Die Relevanz dieser neuen Marktteilnehmer im Verhältnis zum Gesamtmarkt ist bislang aber noch gering. So betrug beispielsweise das ausstehende Volumen der Konsumkredite in der Schweiz per Ende 2018 7,7 Milliarden Franken. Des Weiteren waren 8,8 Milliarden Franken an Leasing-Volumen ausstehend. Im Jahr 2018 wurden im Bereich der Konsumkredite Neukredite in der Höhe von rund 4,4 Milliarden Franken gewährt. Auf der anderen Seite ist das im Jahr 2018 vermittelte Volumen im sogenannten Consumer Crowdlending mit 57 Millionen Franken im Verhältnis zum Gesamtmarkt weiterhin klein (rund 1,3% Marktanteil). Ein ähnliches Bild kann man im Bereich der Hypothekarkredite zeichnen. Jährlich wird im schweizerischen Hypothekarkreditmarkt für Private ein Volumen von 150 – 180 Milliarden Franken an Krediten verlängert oder neu abgeschlossen. Das im Jahr 2018 vergebene Crowdlending-Volumen im Hypothekarbereich von 70,5 Millionen Franken ist entsprechend sehr gering. Gleiches gilt auch für den KMU-Kreditmarkt. Das Volumen von 310 Milliarden Franken in den Bilanzen der Banken ist massiv grösser als das im Jahr 2018 abgeschlossene Volumen im Business Crowdlending in der Höhe von 134,4 Millionen Franken.

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Grafik 3: Entwicklung der Anzahl Projekte und deren ausbezahltes Volumen in der Schweiz

Mit Blick auf die Volumina in allen Crowdlending-Bereichen lässt sich also festhalten, dass es sich weiterhin um einen Nischenmarkt handelt. Gleichzeitig deuten die verhältnismässig tiefen Kreditvolumen in allen drei Segmenten auch das Potenzial von Crowdlending als alternative Finanzierungsmöglichkeit an. Es ist weiterhin zu erwarten, dass die Anteile von Crowdlending an den entsprechenden Märkten in Zukunft markant steigen werden. Zudem zeigt insbesondere Grossbritannien, wie ein Markt mit starken Crowdlending-Plattformen aussehen kann. Im Bereich KMU-Kredite wurden 2018 rund 10 Prozent aller neuen Finanzierungen über Online-Plattformen abgewickelt. Im Jahr 2012 lag der Anteil noch bei 0,34 Prozent. Insbesondere sehr kleine Unternehmen machen von dieser Finanzierungsmöglichkeit Gebrauch.

Im Gegensatz zum Crowdlending-Markt sind Plattformen im Bereich Marketplace Lending bereits heute spürbarer für die Banken. Sie haben in den vergangenen Jahren nämlich bereits Volumen im zweistelligen Milliardenbereich vermitteln können. Wir gehen davon aus, dass die Wachstumsquoten weiterhin beachtlich sein werden und auch Banken dieses Feld möglicherweise aktiver bearbeiten werden.

Quellen