Im Kerngeschäft der Banken sind Risiken unvermeidlich. Zahlt ein Schuldner einen Kredit nicht zurück, muss die Bank diesen Verlust decken können. Dieses Risiko wird als «Kreditrisiko» bezeichnet.
Ein zweites Risiko besteht darin, dass viele Banken selbst viel Vermögen in Form von Aktien, Obligationen und andern Anlageprodukten an den Finanzmärkten angelegt haben. Auf diesem Vermögen sind bei einer ungünstigen Entwicklung grosse Verluste möglich. Diese Risiken nennt man «Marktrisiken». Ein spezifisches Marktrisiko ist das Zinsrisiko. Dieses besteht darin, dass sich die Finanzlage von Banken bei einer Änderung der Marktzinsen verschlechtern kann, weil ihre Forderungen und Schulden davon unterschiedlich betroffen sind.
Alle Unternehmen kennen solche Kredit- und Marktrisiken. Aber bei Banken sind sie (und namentlich das Kreditrisiko) besonders ausgeprägt, weil die Banken aufgrund ihres Geschäftsmodells naturgemäss viele Kredite vergeben und viel Vermögen an den Finanzmärkten anlegen.
Hinzu kommen die Risiken aufseiten der Spareinlagen: Wollen viele Sparer ihre Einlagen gleichzeitig abheben, geht der Bank das Bargeld aus. Sie verfügt nicht mehr über genügend flüssige Mittel, um ihren kurzfristigen Verbindlichkeiten nachzukommen. Dieses Risiko wird als «Liquiditätsrisiko» bezeichnet.
Die Tatsache, dass ein beträchtlicher Teil der Sparguthaben jederzeit abgezogen werden kann, kann zu einem sogenannten «Bank Run» führen, bei welchem zahlreiche Sparer plötzlich zur Bank stürmen, um ihr Geld abzuheben. Die Erfahrung zeigt allerdings, dass es dazu praktisch nie aus heiterem Himmel kommt, sondern nur dann, wenn eine Bank ohnehin schon Probleme hat. Durch einen Bank Run gerät eine solche Bank natürlich erst recht in Schieflage.
Vom Ausfall einer Bank sind zahlreiche Wirtschaftsteilnehmende betroffen: Sparerinnen und Sparer verlieren ihr Geld, Unternehmen erhalten keine Kredite mehr und der reibungslose Zahlungsverkehr wird gefährdet. Vor allem aber kann der Konkurs einer Bank weitere Banken in Schwierigkeiten bringen.
Da Banken sich bei sogenannten «Interbankengeschäften» (siehe Box) auch untereinander Geld leihen, können beim Ausfall einer Bank alle anderen Banken ihre Guthaben verlieren, welche sie gegenüber der ausfallenden Bank haben. Zudem kann es zu einem Bank Run auf weitere Banken kommen. Je grösser eine Bank und je stärker sie in das Finanzsystem integriert ist, desto schwerer wiegen die Konsequenzen ihres Ausfalls.
Zum Interbankengeschäft gehören alle Geschäfte, die Banken untereinander eingehen. Dabei geht es vor allem um den Handel mit Geld, d. h., die Banken leihen sich gegenseitig für kurze Zeiträume Geld aus, zu einem Zinssatz, der nur im Interbankengeschäft gilt. Der Interbankenmarkt stellt für die Banken in normalen Zeiten die wichtigste Quelle dar, um sich mit liquiden Mitteln zu versorgen und so Engpässe beim täglichen Einlagen- und Kreditgeschäft zu vermeiden.
In einer Krise sehen sich manche Banken dazu gezwungen, die Kreditvergabe einzuschränken; es kommt zu einer sogenannten «Kreditklemme». Nimmt die Kreditvergabe der Banken ab, investieren Unternehmen weniger und die Leute konsumieren weniger. Als Folge geht die Produktion von Gütern und Dienstleistungen zurück, Arbeitsplätze werden abgebaut. Auf diese Weise können sich Finanzkrisen über die gesamte Wirtschaft ausbreiten und es kommt zu einer Rezession: Die Wirtschaft weist negative Wachstumsraten auf, die Einkommen der Arbeitnehmenden gehen zurück, die Arbeitslosigkeit nimmt zu.
Eine Regulierung ist eine staatliche Massnahme mit dem Ziel, das Verhalten von Wirtschaftsteilnehmenden zu beeinflussen. Das erste Ziel der Bankenregulierung ist die Gewährleistung eines sicheren und funktionierenden Finanzsystems. Weil im Bankensektor der Konkurs einer einzelnen Bank das ganze Finanzsystem beeinträchtigen kann, wird die Bankenbranche besonders stark reguliert. Daneben trägt die Bankenregulierung auch dazu bei, die Bankkunden zu schützen, z. B. vor dem Verlust ihrer Einlagen bei der Bank.
Eine Bank darf in der Schweiz nur aktiv werden, wenn sie dafür eine Bewilligung erhält. Zu diesem Zweck muss die Bank zweckmässig organisiert sein und die Geschäftsführung einen einwandfreien Ruf geniessen. Ausserdem müssen Banken verschiedene Vorschriften einhalten.
Für die Erteilung von Bankbewilligungen und die Überwachung der Vorschriften ist in der Schweiz die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (FINMA) zuständig.
Um die Einlagen von kleinen Bankkunden zu versichern, haben die meisten Länder eine staatliche Einlagensicherung eingeführt. In der Schweiz wird die Einlagensicherung von den Banken selbst organisiert. Versichert sind Spareinlagen bis zu einem Betrag von 100 000 Franken pro Kunde und Institut. Geht eine Bank in Konkurs, sollen die andern Banken die versicherten Einlagen zügig auszahlen. Der Maximalbetrag dieser Auszahlungen beschränkt sich allerdings auf 6 Milliarden Franken. Deshalb könnten die Auszahlungen nicht ausreichen, falls eine grössere Bank oder mehrere Banken gleichzeitig in Schwierigkeiten geraten würden.
Weitere Informationen zur Einlagensicherung finden Sie auf der Internetseite www.esisuisse.ch
Der Zusammenbruch einer grossen Bank gefährdet die Stabilität des gesamten Finanz- und Wirtschaftssystems. Man sagt deshalb, eine solche Bank ist «systemrelevant». Die Erfahrung in vielen Ländern zeigt: In einer Bankenkrise sind der politische Druck und die drohenden Probleme so gross, dass der Staat grosse Banken in den meisten Fällen rettet, selbst wenn dazu keine gesetzliche Verpflichtung besteht. Solch bedeutende Banken (namentlich Grossbanken) können deshalb davon ausgehen, dass der Staat sie nicht fallen lässt. Sie besitzen eine unausgesprochene Staatsgarantie. Die Schweiz ist von diesem Problem besonders betroffen, weil sie im Vergleich zur Grossbank UBS ein kleines Land ist.
Das Bankengesetz erteilt der Nationalbank im Rahmen der «Too big to fail»-Regulierung (vgl. übernächster Abschnitt) den Auftrag, die systemrelevanten Banken und deren systemrelevanten Funktionen zu bezeichnen. Anfang 2024 galten die UBS, die Zürcher Kantonalbank, die Raiffeisen Gruppe und die Postfinance als systemrelevant.
Ein Beispiel für den Konkurs einer Grossbank ist der Zusammenbruch der Credit Suisse (CS): Im März 2023 informierten der Bundesrat, die FINMA und die Schweizerische Nationalbank (SNB) über die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS sowie über staatliche Unterstützungsmassnahmen.
Im Vorfeld hatte die CS wiederholt gegen Gesetze und Vorschriften verstossen und wies fundamentale Mängel in der Risikokontrolle und im Risikomanagement auf. Dadurch machte die CS über längere Zeit Verluste und verlor nach und nach das Vertrauen ihrer Kundinnen und Kunden.
Diese Situation verschärfte sich, als im März 2023 verschiedene US-Banken bankrott gingen und die Unsicherheit am Finanzmarkt rapide zunahm. Das führte zu Vertrauensproblemen bei Sparerinnen und Sparern, insbesondere bei bereits instabilen Banken. Immer mehr Sparerinnen und Sparer zogen ihr Guthaben bei der CS ab. Dieser Bank Run führte dazu, dass die CS in Liquiditätsprobleme geriet.
In der Rolle als Kreditgeberin in letzter Instanz musste die SNB einschreiten und der CS Liquidität bereitstellen. Insgesamt betrug die Liquiditätshilfe der SNB für die CS 168 Milliarden Franken, was global die bisher grösste Liquiditätshilfe für eine einzelne Bank war.
Diese Bereitschaft und Fähigkeit der SNB zur Liquiditätshilfe waren ausschlaggebend für die Bewältigung der akuten Krise der CS und für die Vermeidung einer Finanzkrise mit wirtschaftlichen Folgen für die Schweiz und den Rest der Welt.
Quelle: Geschäftsbericht der Schweizerischen Nationalbank 2023, Kapitel 6.2.
Eine implizite Rettungsgarantie bürdet dem Staat und damit den Steuerzahlern grosse Risiken auf. Mögliche Verluste aus einer Bankenrettung würden grösstenteils von Steuergeldern gedeckt. «Too big to fail» ist aber auch aus wettbewerbspolitischen Gründen problematisch: Ohne eine implizite Staatsgarantie müssten Grossbanken auf ihren Schulden höhere Zinsen bezahlen, um die Geldgeber für das Ausfallrisiko zu entschädigen. Aber dank der Garantie fühlen sich die Geldgeber der Bank in Sicherheit und sind mit weniger Zinsen zufrieden. Damit erhalten Grossbanken gegenüber kleinen Banken (und auch im Vergleich mit gewöhnlichen Unternehmen) einen ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteil. Ausserdem verleitet eine unausgesprochene Staatsgarantie dazu, besonders hohe Risiken einzugehen. Denn risikoreichere Anlagen erzielen in der Regel eine höhere Rendite, während man die Kosten der Risiken abwälzen kann. (Ein solches Problem nennt man «moralisches Risiko», siehe Box.)
Das Parlament hat für die Lösung dieses Problems speziell die «Too big to fail»-Regulierung (TBTF) erlassen. Diese soll verhindern, dass systemrelevante Banken im Krisenfall mit Steuergeldern gerettet werden müssen. Sie stützt sich dabei auf zwei ergänzende und aufeinander abgestimmte Pfeiler ab.
Staatliche Garantien, die die negativen Folgen einer Bankenpleite abfedern, führen zum Problem des sogenannten «Moral Hazard» (moralisches Risiko). Dieser Begriff beschreibt eine Verhaltensänderung bei Menschen oder Institutionen, wenn sie annehmen, dass sie mögliche negative Folgen ihres Handelns nicht selbst tragen müssen. Das Problem tritt auch bei unausgesprochenen, von den Leuten lediglich vermuteten Garantien auf.
Ein spektakuläres Beispiel dafür liefert der Zusammenbruch der Investmentbank Lehman Brothers im September 2008: Noch im März des gleichen Jahres hatte die amerikanische Notenbank den Untergang der Investmentbank Bear Stearns verhindert, um Panikreaktionen am Finanzmarkt und einem Zusammenbruch des Wirtschaftssystems vorzubeugen. Lehman Brothers wog sich in Sicherheit und fuhr weiter ein zu hohes Risiko. Als die Bank einige Monate darauf selbst Konkurs anmelden musste, griff die US-Regierung jedoch nicht ein und liess Lehman Brothers bankrottgehen – Fehler des Managements und ein zu hohes Risiko hatten die Pleite mit verursacht. Es ist anzunehmen, dass sich Lehman Brothers anders verhalten hätte, wäre ihr klar gewesen, dass der Staat nicht eingreifen würde.