Stadtökonomie
Stadtökonomie

Kommentar für die Lehrperson

Stadtökonomie

Übersicht

Thema und Inhalt

Das Modul Stadtökonomie vermittelt ein grundlegendes Verständnis raumrelevanter wirtschaftlicher Zusammenhänge. Im Mittelpunkt steht das Modell der monozentrischen Stadt – ein theoretisches, ökonomisches Modell einer ringförmigen Idealstadt um einen zentralen Geschäftsbezirk herum. 

Das monozentrische Stadtmodell wurde von Iconomix als browserbasierte Simulation mit dem Namen «Urbanias» aufbereitet. Damit kann durch unmittelbares Ausprobieren und Beobachten der Ergebnisse die Wirkung von Interventionen wie der Reduktion der Pendlerkosten oder der Schaffung von öffentlichen Parks und Regulierungen wie der Begrenzung der Gebäudehöhe oder der Einführung von Mietpreisdeckeln untersucht werden.

Die Simulation Urbanias eignet sich hervorragend, um die Intuition für zentrale ökonomische Konzepte wie freie Preisbildung, Substitution, Nutzen, räumliches Gleichgewicht und Kapitalisierung von Standortvorteilen zu entwickeln. Sie fördert zudem die Entdeckungs- und Experimentierfreude.

Didaktisches Format

Das Wissen zu stadtökonomischen Fragestellungen wird schrittweise mithilfe von zwei Aufgabensets und der Simulation Urbanias erarbeitet, wobei die Aufgabensets beim Entdecken und Experimentieren als Leitschnur dienen.
Aufgabenset 1 (Basisversion) lässt sich ohne weitere Vorkenntnisse bearbeiten; für Aufgabenset 2, das auf der Basisversion aufbaut, wird ein grundlegendes Verständnis von volkswirtschaftlichen Konzepten vorausgesetzt. Die Auswertung und Reflexion der Antworten der Lernenden wird durch Lösungshinweise für die Lehrperson unterstützt.

Dauer

In der Basisversion müssen rund drei Lektionen eingesetzt werden.
In der erweiterten Version ist mit insgesamt sechs Lektionen zu rechnen.

Geeignete Fächer

Wirtschaft und Recht, Geografie.

Anspruchsniveau

Mittel bis anspruchsvoll. Das Modul eignet sich vorwiegend für gymnasiale Klassen mit dem Schwerpunktfach Wirtschaft und Recht.
Die Basisversion eignet sich auch für das Fach Geografie.

Ressourcen zum Modul

Das Modul Stadtökonomie umfasst den Kommentar und folgende Unterrichtsmaterialien:

Kompetenzorientierte Lernziele

Basisversion (Aufgabenset 1) Vertiefung (Aufgabenset 2)
Die Lernenden können … Die Lernenden sind zusätzlich in der Lage …
… das Angebots- und Nachfragegesetz unter freier Preisbildung anwenden. … die Konzepte «abnehmende Grenzerträge» und «zunehmende Grenzkosten» zu verstehen und anzuwenden.
… die Konzepte «räumliches Gleichgewicht im Stadtraum» und «Kapitalisierung von Standortfaktoren» verstehen. … die Verallgemeinerungsfähigkeit des einfachen ökonomischen Modells kritisch zu reflektieren.
… die ökonomischen Folgen von Bevölkerungswachstum, Mobilitätskosten und Raumplanungsmassnahmen im Modellkontext beurteilen.  

 

Hinweise zum Modul

Zum ökonomischen Hintergrund

In der Simulation Urbanias werden die Zusammenhänge des monozentrischen Stadtmodells dargestellt. Die Simulation bietet einen analytischen und gleichzeitig vereinfachten Zugang zu stadtökonomischen Problemstellungen.


Der Simulation Urbanias liegen folgende Annahmen zugrunde:

  1. In der Modellstadt arbeiten alle Menschen im Zentrum der Stadt, dem sogenannten Central Business District (CBD). Je weiter weg man vom Zentrum lebt, desto mehr kostet das Pendeln und desto schmaler wird das verbleibende Budget.
  2. Es wird angenommen, dass alle Menschen rational handeln. Das bedeutet, dass sie den Wohnort allein aufgrund seiner Standortfaktoren wählen. In der Modellstadt wird jeder Standort durch seine Lage (Distanz zum Zentrum) und den Mietpreis beschrieben. Gefühlsmässige Aspekte (z. B. Gegend, Wohlbefinden) spielen keine Rolle.
  3. Eine Annahme ist, dass alle Haushalte gleich sind. Sie haben alle das gleiche und fixe Einkommen, das sie für Wohnen, Mobilität (Pendeln) und andere Güter und Dienstleistungen ausgeben.
  4. Ferner wird angenommen, dass der Nutzen der Menschen in der Stadt von zwei Gütern bestimmt wird: dem konsumierten Wohnraum und dem Konsum anderer Güter und Dienstleistungen.
  5. Der Nutzen aus dem Konsum der zwei Güter ergibt sich aus der Nutzenpräferenz. Es wird unterstellt, dass jeder Mensch in der Stadt einen fixen Anteil (z. B. einen Drittel) seines verfügbaren Einkommens für die Miete ausgibt. Wenn er also von seinem Einkommen die Transportkosten abgezogen hat, nutzt er vom verbleibenden Budget einen Drittel zum Konsum von Wohnraum.

Da jeder Meter Arbeitsweg kostet, ist die entscheidende Grösse in der Modellvorstellung die Distanz zum Zentrum, in dem alle Menschen arbeiten. Diese bestimmt die Boden- und Mietpreise, die Wohnungsgrössen sowie die Kosten für das Pendeln ins Zentrum. Voraussetzung dafür ist, dass sich die Preise für das Wohnen gemäss dem Angebot-Nachfrage-Zusammenhang auf dem Markt ergeben (sogenannte freie Preisbildung) und alle Menschen mobil sind.
Die Bewohner der Stadt können ausserdem Wohnraum, Transportkosten und andere Kosten substituieren. Substituierung bedeutet, dass sich das Verhalten der Bewohner nach den verschiedenen Preisen richtet: Steigt beispielsweise der Preis für Wohnraum, entscheiden sie sich für eine kleinere Wohnung und/oder geben weniger für andere Konsumgüter aus.

Unter diesen Annahmen ergeben sich folgende Modellzusammenhänge:

  • Räumliches Gleichgewicht: Alle Bewohner wollen am attraktivsten Ort wohnen, also im Zentrum. Doch es gibt auch Haushalte, die aufgrund tieferer Mietpreise bereit sind, am eigentlich weniger attraktiven Stadtrand zu leben. Die Hauspreise im räumlichen Gleichgewicht sind demnach so, dass kein Haushalt an einem anderen Ort wohnen möchte als dort, wo er wohnt. Das Gleichgewicht ergibt sich, indem die Preise an attraktiven Lagen (z. B. im Zentrum) steigen und an unattraktiven Lagen durch fehlende Nachfrage sinken. Damit ist jede Wohnlage innerhalb des Gleichgewichts gleich attraktiv und der Nutzen für die Bewohner an allen Orten gleich gross.
  • Man spricht in diesem Zusammenhang von einer Kapitalisierung von Standortvorteilen: Das Zentrum hat gegenüber anderen Standorten einen Standortvorteil. Gemäss dem Marktmechanismus steigen dort die Preise für das Wohnen. Doch auch andere Güter und Dienstleistungen werden teurer, beispielsweise Getränke und Esswaren. Die Preise steigen aber nur so lange, bis der Standort nicht mehr attraktiver ist als andere. Für die Entwicklung der Mietpreisstruktur einer Stadt können auch weitere Grössen wie zum Beispiel Verkehrsanbindung, Landschaft, Konsummöglichkeiten, kulturelle Angebote etc. betrachtet werden. Es ist jedoch mit der Simulation Urbanias nicht möglich, all diese zusätzlichen Faktoren abzubilden.

Nachfolgende Grafik zeigt die relevanten volkswirtschaftlichen Konzepte, die im Kontext des monozentrischen Stadtmodells zur Anwendung kommen, im Überblick (bzw. als Zusammenfassung):

Quellenhinweise

  • Foliensatz «Simulation Urbanias: Das Grundmodell der Stadtökonomie», Prof. Dr. Kurt Schmidheiny, Universität Basel,  Version vom September 2022.
  • Dokument «Das ökonomische Grundmodell einer Stadt: Technische Beschreibung der Browser-Simulation Urbanias von Iconomix», Prof. Dr. Kurt Schmidheiny, Universität Basel, Version vom Juni 2021.

Mögliches Unterrichtsszenario

Die Kompetenzen, die in den Lernzielen abgebildet sind, können über folgende drei Schritte entwickelt werden:

Phase 1: Sich einlassen

Zur Einstimmung blendet die Lehrperson den Foliensatz «Einführung zum Modul» über den Beamer ein. Der Foliensatz umfasst inklusive Titelbild vier Folien: Folie 2 enthält eine Collage mit Bildern von grösseren Schweizer Städten. Folie 3 zeigt eine Auswahl von aktuellen Schlagzeilen zu raumökonomischen Themen. Folie 4 fasst die Ressourcen zusammen, die die Lernenden zur Bearbeitung des oder der Aufgabensets benötigen.

Mit der Bearbeitung von Aufgabenset 1, Teil A, setzen die Lernenden ihr bestehendes Wissen produktiv ein. Ausgangspunkt bildet ein Beitrag aus der Hauptausgabe der «Tagesschau» von SRF vom 9. September 2016 (2:15) zum Thema «Studenten macht Wohnungssuche Mühe». Das Video handelt vom Kampf der Studentinnen und Studenten bei Semesterstart um bezahlbaren Wohnraum; eine passende Wohnung oder ein Zimmer in einer WG zu finden, ist fast wie ein Sechser im Lotto.

Ausgehend vom Video diskutieren die Lernenden zu zweit oder in kleinen Gruppen drei Fragen zu ihrer eigenen momentanen Wohnsituation und notieren ihre Antworten in den dafür vorgesehenen Textfeldern. Als Abschluss dieser Sequenz kann die Lehrperson einzelne individuelle Antworten im Plenum sammeln. Danach wird zur Phase 2 übergeleitet.

 

Phase 2: Wissen erweitern und anwenden

Das Wissen zu stadtökonomischen Fragestellungen erarbeiten sich die Lernenden schrittweise mithilfe von Aufgabenset 1, Teil B, und der Simulation Urbanias. Benötigen die Lernenden Unterstützung, kann diese durch die Lehrperson oder andere Lernende via Partnerarbeit erfolgen. Aufgabenset 1, Teil B, konzentriert sich auf die Kapitalisierung von Standortvorteilen in den Mietpreisen. Untersucht wird das Gleichgewichtskonzept der geschlossenen Stadt, die Bevölkerung wird als gegeben angenommen (mit Ausnahme der letzten Aufgabe, Aufgabe 5).

Das optionale Aufgabenset 2 baut auf Aufgabenset 1 auf. Darin wird untersucht, wie sich Bevölkerungswachstum, Mobilitätskosten und Raumplanung auf die Boden- und Mietpreise pro Quadratmeter, die Wohnungsgrösse, die Gebäudehöhe, die Bevölkerungsdichte und den Nutzen der Menschen auswirken. Werden beide Aufgabensets bearbeitet, empfiehlt es sich, zunächst mit Aufgabenset 1, Teil B, zu starten und dieses auch auszuwerten (Phase 3). Erst danach sollte die Erarbeitung und anschliessende Auswertung von Aufgabenset 2 in Angriff genommen werden (vgl. auch Kapitel 3.4 mit einem möglichen Ablauf im Überblick). Aufgabenset 2 kann durch die Lernenden mit Unterstützung der Lehrperson oder selbstorganisiert bearbeitet werden.

Hinweis: Zur Vorbereitung empfiehlt es sich, dass die Lehrperson die Aufgabensets selbst löst und die Lösungshinweise nachzuvollziehen versucht.

 

Phase 3: Sich austauschen und reflektieren

Für die Nachbearbeitung der Aufgabensets im Sinne einer gemeinsamen Auswertung und Reflexion bietet es sich an, von den Antworten der Lernenden auszugehen. Zum Beispiel können verschiedene Antworten zu den gleichen Aufgaben in der Klasse ausgewertet werden. Es empfiehlt sich dabei, nur richtige Antworten zu präsentieren bzw. zur Diskussion zu stellen, damit nicht falsche oder irreführende Antworten Verwirrung stiften.

Die Herausforderung für die Lehrperson liegt in der zielführenden Moderation der Phase 3. Wichtig ist, in dieser Phase eine gemeinsame Wissensbasis zu erstellen und die zentralen Begriffe und Konzepte herauszuarbeiten. Als Minimaloption können die Lösungshinweise für die Lehrperson im Plenum präsentiert und diskutiert werden (die Hinweise sind bewusst ausführlich gehalten).

Möglicher Ablauf im Überblick

  Schritte Beschrieb Medien/Unterlagen Zeit
Phase 1
Sich einlassen

30 Min.
Einstieg Plenum:
Präsentation Einstiegs-Foliensatz; Auftrag an die Lernenden
Bearbeitung von Aufgabenset 1, Teil A, zu zweit oder in kleinen Gruppen
Foliensatz, Computer und Beamer;
Foliensatz «Einführung zum Modul Stadtökonomie»
Aufgabenset 1 (Zugang am besten über das schuleigene LMS);
individuelle Tablets oder Laptops; WLAN-Anschluss
30 Min.
Basisversion
Phase 2 und 3

Wissen erweitern und anwenden
Sich austauschen und reflektieren

105 Min.
Grundwissen erarbeiten Einzel- oder Gruppenarbeit:
Bearbeitung von Aufgabenset 1, Teil B
Individuelle Tablets oder Laptops; 
WLAN-Anschluss;
Zugang zur Simulation Urbanias (über edu.iconomix.ch)
60 Min.
Diskussion Plenum:
Auswertung der Ergebnisse aus Aufgabenset 1 Teil B
Foliensatz, Computer und Beamer 45 Min.
Erweiterte Version
Phase 2 und 3

Wissen erweitern und anwenden
Sich austauschen und reflektieren

135 Min.
 
Vertieftes Wissen erarbeiten Einzel- oder Gruppenarbeit:
Bearbeitung von Aufgabenset 2 (Empfehlung: ausserhalb des Unterrichts)
 
Individuelle Tablets oder Laptops;
WLAN-Anschluss;
Zugang zur Simulation Urbanias (über edu.iconomix.ch)
 
90 Min.
(ggfs. selbst-organisiert)
 
Diskussion Plenum:
Auswertung der Ergebnisse aus Aufgabenset 2
 
Foliensatz, Computer und Beamer 45 Min.