Faktenblatt

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Betreibung

Jessica, Manuel und Lynn kennen sich schon lange, haben ihre Ausbildungen abgeschlossen, arbeiten und haben das gemeinsame Ziel, in eine Wohngemeinschaft zu ziehen. Momentan sind sie dabei, Unterlagen zusammenzutragen, um ein komplettes Bewerbungsdossier für eine Wohnung zu erstellen. Lynn bemerkt, dass dazu ein Betreibungsregisterauszug nötig ist, und zwar von allen.

Einen Betreibungsregisterauszug erhält man auf dem Betreibungsamt des momentanen Wohnortes. Darin sind alle aktuellen und vergangenen Betreibungen der letzten 5 Jahre aufgeführt.

Lynn hatte schon einige Mahnungen bekommen, diese aber sofort bezahlt. Manuel wurde schon einmal betrieben, weil er vergessen hatte, die Krankenkassenprämie zu bezahlen. Er bezahlte die Rechnung umgehend und liess die Betreibung löschen. So haben Lynn und Manuel keine aktuellen Betreibungen und einen leeren, sauberen Auszug.

Jessica jedoch weiss, dass sie eine Betreibung hat, schliesslich wurde mit ihr vor ein paar Tagen auf dem Betreibungsamt eine Pfändung durchgeführt. Das stresst sie nun sehr, da sie merkt, dass ihr Traum, zu Hause auszuziehen und eine WG zu gründen, vielleicht nicht möglich sein wird. Sie kann auch nichts tun gegen die Betreibung, da ihr das Geld fehlt, um alles zu bezahlen. Lynn und Manuel wissen nichts davon. Rechtlich haften für den Mietzins alle, die den Mietvertrag unterschreiben. Das würde bedeuten, dass Lynn und Manuel schlimmstenfalls den Teil von Jessica übernehmen müssten. Bei einem gemeinsamen Abendessen nimmt Jessica allen Mut zusammen und erzählt Lynn und Manuel von ihrer Situation:

Nachdem Jessica die Lehre vor zwei Jahren abgeschlossen hatte, fand sie einen Job im Detailhandel mit einem monatlichen Lohn von netto CHF 3500.–. Da sie noch zu Hause wohnte, hatte sie tiefe Fixkosten und deshalb das Gefühl, viel Geld zur Verfügung zu haben. Sie leistete sich einiges, shoppte, machte Städtereisen, ging auswärts essen und schloss ein Fitnessabo ab. Eines Tages musste sie notfallmässig zum Zahnarzt, weitere Behandlungen folgten, die Rechnungen dazu ebenso und sie merkte, dass sie dafür keine Versicherung hatte. Das heisst, sie musste die Rechnungen von insgesamt CHF 1800.– selber bezahlen. Das ging gerade noch so auf, doch kurz darauf kam die Steuerrechnung! Sie hatte nicht daran gedacht, dass diese viel höher ausfallen würde als während der Lehre, da sie deutlich mehr Geld verdiente. Ihr fehlte das Geld und sie bezahlte die Steuerrechnung nicht.

Tipps zu Rechnungen

  • Rechnungen immer am selben Ort ablegen. Möglichst bald, aber auf jeden Fall fristgerecht zahlen.
  • Für regelmässige Rechnungen (Fixkosten) ein Lastschriftverfahren oder einen Dauerauftrag einrichten.
  • Mahnungen zu verschicken, ist zwar üblich, aber nicht zwingend. Wenn auf einer Rechnung eine Zahlungsfrist steht, muss vor einer Betreibung keine Mahnung verschickt werden!
  • Können Rechnungen nicht fristgerecht bezahlt werden, sofort mit dem Gläubiger/der Gläubigerin Kontakt aufnehmen und eine Ratenzahlung oder eine Fristerstreckung vereinbaren.
  • Im Notfall: Geld bei Eltern oder anderen nahestehenden Personen leihen. Rückzahlungsbedingungen gemeinsam vereinbaren und schriftlich festhalten. Keinen Kredit aufnehmen, um Schulden zu zahlen.

Die Betreibung beginnt – was passiert?

Nach zwei Mahnungen hat das Steueramt die Betreibung eingeleitet. Als Erstes erhielt Jessica einen Zahlungsbefehl vom Betreibungsamt. Es wurde ihr mitgeteilt, dass sie dem Steueramt Geld schulde. Jessica hatte folgende Möglichkeiten:
 

  1. Bezahlung der Rechnung (inklusive Zinsen und Gebühren) innert 20 Tagen beim Betreibungsamt.
  2. Rechtsvorschlag erheben und sich gegen die Betreibung wehren. Dies kann man tun, wenn man der Ansicht ist, dass man einen Teil des Betrages oder den gesamten Betrag nicht schuldet und die Betreibung somit nicht rechtmässig ist. 
     

Da sich Jessicas finanzielle Situation nicht verändert hatte, konnte sie die Rechnung nicht innerhalb der geforderten 20 Tage bezahlen. Einen Rechtsvorschlag hatte sie nicht erhoben, da sie das Geld tatsächlich schuldete. Deshalb unternahm sie erst einmal nichts. 

Nach Erhalt des Zahlungsbefehls

  • Genaue Prüfung des Zahlungsbefehls und des geschuldeten Betrages. Feststellen, ob die Rechnung gerechtfertigt und zu bezahlen ist.
  • Wenn geschuldet: falls möglich die Forderung an das Betreibungsamt innerhalb von 20 Tagen bezahlen.
  • Wenn geschuldet: mit dem Gläubiger/der Gläubigerin direkt Kontakt aufnehmen und eine Ratenzahlung oder Fristerstreckung vereinbaren.
  • Wenn nicht geschuldet: Rechtsvorschlag innerhalb von 10 Tagen erheben. Entweder kann der gesamte Betrag oder nur ein Teil davon (z.B. bei überhöhten Gebühren eines Inkassobüros) bestritten werden. Dafür die Rückseite des Zahlungsbefehls ausfüllen und diesen dem Betreibungsamt zurückgeben. Die Betreibung wird vorläufig gestoppt. Das Gericht entscheidet, wer im Recht ist. Achtung: Bei einem Gerichtsverfahren kommen zusätzliche Kosten hinzu, welche von der verlierenden Partei bezahlt werden müssen.

Da der Gläubiger/die Gläubigerin (hier das Steueramt) auch nach dem Zahlungsbefehl keine Zahlung von Jessica bekommen hatte, reichte das Steueramt ein sogenanntes Fortsetzungsbegehren beim Betreibungsamt ein. Damit ging das Verfahren weiter und Jessica musste aufs Betreibungsamt, wo sie gepfändet wurde. Bei einer Pfändung wird zwischen Sach-­ und Lohnpfändung unterschieden. Bei der Sachpfändung werden Wertgegenstände (beispielsweise Auto, Schmuck, Fernseher etc.) eingezogen und versteigert. Der Erlös wird zur Bezahlung der Schulden verwendet wie auch vorhandenes Geld auf Bankkonten. Da Jessica aber keine verwendbaren Wertgegenstände besass, wurde bei ihr eine Lohnpfändung durchgeführt.

Wie funktioniert eine Lohnpfändung?

Eine Lohnpfändung bedeutet, dass das Betreibungsamt basierend auf der Lebenssituation von Jessica berechnet hat, wie hoch ihr Existenzminimum pro Monat ist. Der Lohnanteil, der über diesem Betrag liegt, wird vom Arbeitgeber/von der Arbeitgeberin direkt dem Betreibungsamt überwiesen, bis die gesamten Schulden abbezahlt oder 12 Monate verstrichen sind. Denn eine Lohnpfändung dauert maximal ein Jahr.

Informationen zur Pfändung

  • Miete und Krankenkasse werden nur dann ins Existenzminimum einberechnet, wenn diese bezahlt und die Zahlungsbelege vorgewiesen werden. Nicht berücksichtigt im Existenzminimum sind die Steuern.
  • Spezielle Kosten wie beispielsweise Arztrechnungen, notwendige Zahnbehandlungen, Heizkosten-Nachzahlungen oder Umzugskosten werden zurückerstattet, wenn das Betreibungsamt diese im Voraus bewilligt.
  • Wertsachen zu verstecken oder vor dem Betreibungsamt zu verheimlichen, zieht ein Strafverfahren mit Busse oder Gefängnis nach sich.

Konsequenzen einer Betreibung

Die Betreibung hat mehrere negative Konsequenzen für Jessica. Die Lohnpfändung hat zur Folge, dass sie monatlich nur noch sehr wenig Geld zur Verfügung hat, das absolute Minimum zum Leben, das spürt sie sofort. Auch weiss jetzt ihr Arbeitgeber/ihre Arbeitgeberin von ihren Schulden. Das hatte ein sehr unangenehmes Gespräch mit ihrer Chefin zur Folge. Doch am schlimmsten für sie ist der Eintrag im Betreibungsregister. Anders als Lynn und Manuel hat sie keinen sauberen Auszug und damit sinken ihre Chancen, aktuell eine Wohnung zu bekommen und in eine WG zu ziehen. Sie hat reagiert und verzichtet nun auf allen Luxus und hat das Fitnessabo auf den nächsten möglichen Termin gekündigt. Ihr Mittagessen nimmt sie von zu Hause mit und anstatt neue Kleider zu kaufen, geht sie an eine Kleidertauschbörse. Sie hat einen strikten Budgetplan, damit sie während der Lohnpfändung keine neuen Schulden macht. Sie hat ausgerechnet, dass sie in 4 Monaten die Schulden beim Steueramt beglichen haben sollte und somit die Lohnpfändung beendet sein wird. Dann kann sie den Eintrag in ihrem Register endlich löschen lassen. 

Nach der Pfändung

  • Nach Bezahlung der Forderung sollte man sich mit dem Gläubiger/der Gläubigerin in Verbindung setzen und ihn/sie darum bitten, den Eintrag im Betreibungsregister zu löschen. Einige Unternehmen verlangen dafür eine Gebühr, jedoch lohnt es sich meistens, diese zu bezahlen.
  • Unbedingt zu vermeiden ist ein Verlustschein: Konnte mit der Lohnpfändung nicht innerhalb eines Jahres die Forderung abbezahlt werden, wird ein Verlustschein ausgestellt. Dieser ist 20 Jahre gültig, solange kann der Gläubiger/die Gläubigerin jederzeit wieder eine neue Betreibung einleiten. Ein Verlustschein erscheint auch immer im Betreibungsregisterauszug.

Und nun?

Beim Abendessen mit Manuel und Lynn erzählt Jessica nicht nur von ihren Schulden, sondern teilt ihren Freunden auch mit, dass sie sehr gerne mit ihnen in eine WG ziehen möchte. Doch sie muss zuerst ihre Finanzen in den Griff kriegen, um schuldenfrei den Auszug anzugehen. Zu ihrer Verblüffung sind Lynn und Manuel sehr berührt von ihrer Offenheit und wollen sie so gut wie möglich unterstützen. Sie sind sogar bereit, solange mit dem Ausziehen zu warten, bis Jessica ihre Schulden abbezahlt hat – was für Freunde!

Nützliche Links

Konferenz der Betreibungs- und Konkursbeamten Schweiz 
www.betreibung-konkurs.ch

Schuldenberatung Schweiz 
www.schulden.ch

Caritas Schuldenberatung 
www.caritas-schuldenberatung.ch

Netzwerk Finanzkompetenz 
www.finanzkompetenz.ch

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