Strategisches Verhalten
Strategisches Verhalten

Kommentar für die Lehrperson

Strategisches Verhalten

Idee

Im Lernspiel Geldversteigerung bringen sich zwei Lernende selbst in eine Situation, in der sie entscheiden müssen, ob sie weiter in einen Preiskampf investieren wollen oder aufhören möchten. Die kurzfristige Sicht legt dabei das Weitermachen nahe, eine langfristige Sicht das Aussteigen. Die Klasse erlebt dabei die Dynamik einer (kontrollierten) Eskalation im Zusammenhang mit «versunkenen Kosten» (von engl. «sunk costs»). Das Lernspiel geht auf die Bereiche «Rationalität» und «strategisches Verhalten» ein und schlägt den Bogen zu realen Situationen mit ähnlichen Dynamiken, wie etwa «Winner-takes-all»-Märkten.

Ablauf

Erklären Sie die Regeln

  • Sie versteigern eine 10er-Note.
  • Geboten wird in Schritten zu 1 Franken.
  • Die Person mit dem höchsten Gebot bezahlt den gebotenen Betrag und erhält die 10er-Note.
  • Besondere Regel: Die Person mit dem zweithöchsten Gebot muss den von ihr gebotenen Preis ebenfalls bezahlen, erhält aber nichts.
     

Führen Sie die Versteigerung durch

  • Am Anfang müssen Sie vielleicht jemanden dafür gewinnen, einen Franken zu bieten. Danach findet sich in der Regel schnell ein zweites Gebot und das Spiel läuft an.
    Hinweis: Es wird erwartet, dass sich die beiden Meistbietenden nun gegenseitig überbieten. Am Ende wird möglicherweise sogar mehr als 10 Franken geboten.
  • Lassen Sie das Spiel laufen, solange es gut läuft. Sie sollten aber intervenieren, falls das Spiel zu heftige Emotionen auslöst oder Lernende sich gegenseitig unverhältnismässig überbieten.
  • Entweder werden die Spieler das Spiel beenden (wenn niemand mehr weiterbietet oder wenn sich die Spieler auf etwas einigen) oder Sie brechen das Spiel ab. Wir empfehlen einen Maximalbetrag von 15 Franken als Deckelung.
  • Ob die Beträge tatsächlich bezahlt werden müssen, ist Ihnen überlassen. Eine Alternative zur direkten Bezahlung im Anschluss an das Spiel ist die Möglichkeit einer Spende einzuräumen. Ob die Lernenden diese Spende dann auch tatsächlich machen bleibt in der eigenen Verantwortung. Beachten Sie aber, dass in diesem Fall die 10 Franken auch tatsächlich der höchstbietenden Person ausbezahlt werden sollten.
     

Diskutieren Sie anschliessend die Erkenntnisse, die sich daraus gewinnen lassen

  • Orientieren Sie sich dazu am Aufgabenset.
  • Das Aufgabenset gliedert sich in die drei Phasen «Spielgeschehen», «Reflexion», «Wissenstransfer».
  • Das Aufgabenset eignet sich als Grundlage für eine Diskussion im Plenum, kann aber auch als Einzelarbeit verwendet werden.
     

Hinweis: Auswertung bei mangelnder Beteiligung

Falls wirklich niemand oder nur eine Person einsteigt, können Sie den Lerngehalt trotzdem mit der Klasse erarbeiten:

  • Warum hat sich niemand eingelassen? Was haben Sie vorausgesehen?
  • Was hätte passieren können? Was ist in anderen Klassen passiert, in denen dieses Spiel gespielt worden ist?

Versuchen Sie dies jedoch, wenn immer möglich, zu vermeiden, indem Sie das Spiel entspannt erklären. Sprechen Sie notfalls Einzelne direkt an und animieren Sie die Lernenden, wenigstens einen Franken zu bieten.

Hintergrundwissen für die Lehrperson

Die Grundidee dieses Spiels ist in der Literatur als «Dollarauktion» bekannt. Die Erfindung wird teils Shubik (1971), teils Teger (1980) zugeschrieben.

Hintergrund waren der Vietnamkrieg und die Argumentation der US-Regierung, dass der Krieg weitergeführt werden müsse, weil sonst die amerikanischen Soldaten umsonst gestorben wären – auch dann, wenn der von der Weiterführung zu erwartende Nutzen in keinem Verhältnis zu den absehbaren Kosten stände. Ursprüngliche Absicht des Spiels war es, diese «Psycho-Logik» abzubilden und erlebbar zu machen.

Das Spiel lässt sich unter das Thema der «versunkenen Kosten» stellen. Auch andere wissenschaftliche Experimente haben gezeigt, dass Menschen nicht immer rational handeln, wenn es um versunkene Kosten geht. Wenn es darum geht, ein gekauftes Wertpapier wieder zu verkaufen, sollte bei vollkommener Rationalität ausschliesslich die erwartete Kursentwicklung eine Rolle spielen. Tatsächlich spielt es aber eine sehr wichtige Rolle, zu welchem Kurs das Wertpapier gekauft worden ist. Und dies nicht nur bei Laien.

Ein ähnliches Phänomen sind sogenannte «framing effects»: Es lässt sich experimentell zeigen, dass Menschen in zwei faktisch genau gleichen Situationen systematisch unterschiedlich entscheiden, je nachdem, ob ihnen die möglichen Handlungen als «Vermeidung eines Verlustes» oder als «Realisierung eines Gewinns» beschrieben werden. Ökonomische Modelle gehen im Allgemeinen von der Rationalitätsannahme aus. Aber irrationales Verhalten lässt sich gut in ökonomische Modelle integrieren, sofern sich die Bedingungen angeben lassen, unter denen es auftritt. Auf diesem Umstand basiert eine der wesentlichen Entwicklungen in der Wirtschaftswissenschaft. Im Jahr 2002 wurde der Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften an D. Kahneman und V. Smith für das Einführen von Ergebnissen der psychologischen Forschung in die Wirtschaftswissenschaft verliehen. Auch R. Aumann und T. Schelling (2005), sowie R. Thaler (2017) haben für ihre Beiträge zur Spieltheorie und zum besseren Verständnis von Konflikt und Kooperation den Nobelpreis erhalten.
 

Weitere Informationen

Fachliteratur

  • Shubik, M. (1971): «The Dollar Auction Game: A Paradox in Noncooperative Behavior and Escalation», in Journal of Conflict Resolution, 15, S. 109-111.
  • Teger, A. I. (1980): Too Much Invested to Quit, Pergamon Press.