Neues Buch «Das Einmaleins des Geldes»

Drei Fragen an Urs Birchler

Diesen Sommer ist im hep Verlag ein 200-seitiges Sachbuch erschienen: «Das Einmaleins des Geldes». Das Buch bietet in 14 kurzweilig geschriebenen Kapiteln einen gut verständlichen Überblick über das Thema Geld.

Im ersten Teil, «Was es ist», wird verständlich erläutert, was Geld ist («ein allgemein anerkanntes Zahlungsmittel») und wie es sich im Laufe der Zeit gewandelt hat, einschliesslich einer fesselnden Abhandlung über die Geschichte des Schweizer Frankens und der Nationalbank, mit vielen Anekdoten und Illustrationen.

Der zweite Teil, «Wie es funktioniert», erklärt detailliert die rechtlichen und verfassungsmässigen Grundlagen einer Landeswährung sowie das Zusammenspiel von Zentralbanken- und Geschäftsbankengeld, also unser heutiges zweistufiges Geldsystem. Nebenher wird auch das aktuelle geldpolitische Konzept der SNB auf prägnante, wenn auch vermutlich bewusst saloppe Art erläutert.

Teil drei, «Wohin es geht», gibt eine Übersicht über die Vor- und Nachteile von Bargeld, das in den letzten Jahren in vielen Ländern immer seltener verwendet wird. Zudem wirft dieser Teil einen Blick auf die digitale Zukunft des Geldes, die in vielerlei Hinsicht bereits gegenwärtige Realität ist. Dabei werden Kryptowährungen und Zentralbank-Digitalwährungen (CBDCs) anschaulich präsentiert, unter anderem mittels einprägsamer Schaubilder.

Autor des Buches ist Urs Birchler (73), Ökonom und ehemaliger Professor für Banking an der Universität Zürich, wo er von 2009 bis zu seiner Emeritierung im Januar 2016 lehrte. Davor verbrachte er fast 30 Jahre bei der Schweizerischen Nationalbank, zuletzt als Direktor der damaligen Organisationseinheit Finanzstabilität.

Wir haben bei Urs Birchler nachgefragt, warum wir alle das Einmaleins des Geldes beherrschen sollten.

 

Cover des Einmaleins des Geldes

Das Buch «Das Einmaleins des Geldes» erschien im Juli 2023 im hep Verlag. 

Iconomix: Warum ist Ihr Buch gerade auch auf Sekundarstufe II relevant? Oder anders gefragt: Sollte ein effizientes und gesundes Geldsystem nicht einfach reibungslos seinen Zweck erfüllen, ohne dass wir uns Gedanken dazu machen müssen, was Geld ist und wie es funktioniert?

Urs Birchler: Mit dem Geldwesen ist es wie mit der Gesundheit. Wenn alles gut läuft, merkt man gar nichts. Aber damit dies so bleibt, sollte man ein paar Dinge wissen: was der Blutkreislauf tut, was Vitamine sind, wie Tabletten wirken. Beim Geld: woher es kommt, wer darüber entscheidet und wie man Störungen rechtzeitig merkt. Das Buch ist hier gewissermassen die Packungsbeilage. In der direkten Demokratie der Schweiz können wir selber über das Geld mitbestimmen. Gerade die Jungen sollen mitreden, wie viel Inflation wir tolerieren wollen, ob Bargeld abgeschafft wird oder ob man Steuern in Kryptowährungen bezahlen darf.  

Kennzeichnend für «Das Einmaleins des Geldes» sind die vielen Anekdoten und Geschichten, die Sie geschickt in den Text einweben. Das macht das Buch zugänglich und lebensnah. Wie sind Sie auf all die Geschichten gestossen?

Wenn man lange genug lebt, laufen einem zahllose Geschichten über den Weg. Und das Geld ist die beliebteste Substanz (oder eben Nicht-Substanz); es holt die kuriosesten Dinge aus den Menschen heraus. Zudem hatte ich das Glück, während vieler Jahre bei der Schweizerischen Nationalbank tätig zu sein. Dort wird man fast täglich mit interessanten Fragestellungen und Erlebnissen konfrontiert.

Ich habe auch einiges gelesen und war immer wieder überrascht, wie häufig in Romanen das Geld eine Rolle spielt. Etwas enttäuscht bin ich manchmal, wenn ich historische Bücher lese: Dort wird die Rolle des Geldes oft untertrieben. So wissen viele nicht, dass die Schrift vor 5‘000 Jahren (in Form der sumerischen Keilschrift) für die Buchhaltung von Krediten und Steuerschulden erfunden wurde, und nicht etwa für Heldenepen oder Liebesgedichte.

Besonders gelungen ist aus unserer Sicht das Kapitel zur Zukunft des Geldes, obwohl es anspruchsvoll zu lesen ist. Können Sie uns verraten, wie es Ihnen gelungen ist, diese an sich komplexe Materie so klar und präzise darzustellen?

Grundsätzlich ist es hier wie überall: Wenn man etwas verstehen will, muss man es vorher unterrichten. Wie oft habe ich erst im Hörsaal an der Wandtafel gemerkt, meist mitten im Satz, dass meine Erklärung eine Lücke hat!

Beim Kapitel über die Zukunft des Geldes und die Kryptowährungen kam ich ehrlich gesagt an meine Grenzen. Gerade die Kryptowährungen versteht man nur wirklich, wenn man die dahinterstehenden Algorithmen einigermassen versteht. Zu Bitcoin gibt es gute Literatur, die das Wesentliche erklärt. Bei anderen Einheiten wird es schwieriger. Vieles, was man im Internet findet, klingt eher nach Werbebroschüre.

Und last but not least: Die Zukunft ist immer überraschend! Aber ein gutes Sachbuch hilft, wachsam zu bleiben.

Urs Birchler

Quelle: zVg. durch Urs Birchler

Urs Birchler hat 25 Jahre Erfahrung in der Banken- und Geldpolitik. Nebst seiner Tätigkeit bei der Schweizerischen Nationalbank  war er international tätig als Leiter der Forschungsgruppe im Basler Ausschuss für Bankenregulierung (bei der BIZ in Basel) und als Präsident des European Money and Finance Forum (SUERF).

Er unterrichtete an mehreren Universitäten, zuletzt als Professor für Banking an der Universität Zürich.

Portrait von Manuel Wälti
Beitrag von:
Manuel Wälti
erstellt am 25.10.2023
geändert am 04.04.2024