Wie schaffte es die Schweiz über rund 200 Jahre international an der Wohlstandsspitze zu stehen? Das Modul «Schweizer Wirtschaftsgeschichte» geht dieser Frage nach.
In diesem neuen Modul erfahren die Schülerinnen und Schüler im Rahmen einer visuell erzählten Fallstudie Umstände und Hintergründe einer wichtigen Entscheidung eines wirtschaftsgeschichtlich bedeutenden Schweizer Unternehmens.
Auf dieser Grundlage versetzen sich die Schülerinnen und Schüler in die damalige historische Situation und treffen ihren eigenen Entscheid. Diesen begründen sie sowohl unter unternehmerischen Gesichtspunkten als auch im historischen und volkswirtschaftlichen Kontext.
Im Modul gelangen unterschiedliche Sozialformen zur Anwendung: Das Selbststudium bei der Arbeit mit dem Videobook, die Auswertung und der Entscheid in der Gruppenarbeit, und schliesslich die Präsentation und Diskussion im Klassenverbund.
Das Modul eignet sich vorwiegend für gymnasiale Klassen mit dem Schwerpunktfach «Wirtschaft und Recht». Es kann aber auch in Geschichte oder Staatskunde eingesetzt werden.
Aktuell liegt «Schweizer Wirtschaftsgeschichte» in einer Beta-Version vor. Das Modul wird ab Februar 2023 in Pilotklassen erprobt und ab Sommer 2023 dann breit lanciert werden.
Wir haben bei Hans Utz, Lehrmittelautor und Mitentwickler des Moduls, nachgefragt, welche Lücke das Modul füllt und welche Vorteile das Format «Videobook» bietet.
Erste Fallstudie «Brown, Boveri & Cie.»
Im Rahmen der Betaversion des Moduls steht der Fall «Brown, Boveri & Cie.» aus dem Jahr 1895 zur Verfügung.
Über die nächsten zwei Jahre werden weitere Fälle folgen.
Zum Modul
Hans Utz: Die Bedeutung der Schweizer Wirtschaft ist unbestritten. Leider fallen ihre letzten 150 Jahre im Schulfächerkanon oft in eine Lücke zwischen Geschichte und Wirtschaft. Das Fach Geschichte behandelt die Industrialisierung bis zum Aufkommen der Eisenbahn, das Fach Wirtschaft aktuelle Wirtschaftsthemen. Die letzten 150 Jahre finden oft keinen Platz. Daher fehlt der Überblick über die Entwicklung.
Eine Fallstudie versetzt die Lernenden in eine vergangene Entscheidungssituation. Sie werden veranlasst, sich mit dem Thema intensiver auseinanderzusetzen, als wenn sie sich nur Kenntnisse erwerben würden. Die Entscheidung zwingt sie zu einer Positionierung und damit zu einer Urteilsbildung.
Zwar kann Geschichte nicht nachgespielt oder gar simuliert werden und die Entscheidung fällt ahistorisch aus. Von Bedeutung für historische Bildung ist aber die inhärente Erkenntnis, dass Geschichte in der jeweiligen Gegenwart offen ist. Die Lernenden treffen eine Entscheidung, ohne die Konsequenzen vollständig zu kennen – wie in der Realität.
Ein Videobook als digitales Medium verschränkt Text, Bild und Ton miteinander und bietet trotzdem, wie ein Buch, eine flexible, individuelle Benutzung an. Zwar wird als Orientierung eine Kapitelfolge angeboten, aber es ist für Lernende möglich, sich zu vertiefen, zurückzublättern und sich so in eine historische Situation hineinzudenken. Im Unterschied zu einem Buch können sie allerdings nicht auf die letzten Buchseiten vorblättern, bevor sie sich auf einen eigenen Entscheid festgelegt haben.
Quelle: zVg. durch Hans Utz
Hans Utz ist Lehrmittelautor, Gymnasiallehrer und zeitweise Rektor am Gymnasium Oberwil BL, Ausbilder an der Pädagogischen Hochschule der FHNW und seit der Pensionierung Mitarbeiter am Institut für Geschichtsdidaktik und Erinnerungskulturen der Pädagogischen Hochschule Luzern.