Nicolas Wehrli, ehemaliger Maturand an der Kantonsschule Limmattal, hat 2021 im Rahmen seiner Maturaarbeit die Preisdiskriminierung im Zeitalter der Digitalisierung anhand zweier Experimente untersucht. Die Arbeit von Nicolas Wehrli wurde von maturitaetsarbeiten.ch ausgezeichnet.
Von den gegen 3000 im Kanton Zürich erstellten Maturaarbeiten werden jedes Jahr etwa 60 in einer Ausstellung präsentiert. Fünf davon erhalten eine Prämierung. Der Wettbewerb wird von «Die Zürcher Mittelschulen», einer Initiative der Schulleiterkonferenz der Zürcher Mittelschulen, organisiert.
Was hat Nicolas Wehrli motiviert, das Thema Preisdiskriminierung zu wählen? Welche Erkenntnisse hat er gewonnen? Wir haben uns mit dem ehemaligen Maturanden über seine Arbeit unterhalten.
Iconomix: Herr Wehrli, in Ihrer Maturaarbeit haben Sie das Thema «Preisdiskriminierung im Internet» analysiert. Was versteht man darunter und könnten Sie uns ein Beispiel geben?
Nicolas Wehrli: Unter Preisdiskriminierung versteht man den Verkauf von identischen oder nahezu identischen Gütern und Dienstleistungen zu unterschiedlichen Preisen, basierend auf der Zahlungsbereitschaft der Konsument:innen. Beispielsweise haben Jugendliche weniger finanzielle Mittel für einen Kinobesuch als Erwachsene und profitieren deshalb von Rabatten beim Kinoeintritt.
Was hat Sie dazu motiviert, dieses Thema für Ihre Maturaarbeit zu wählen?
Durch Freunde und Familie auf der ganzen Welt habe ich oft festgestellt, dass die Preise für identische Güter und Dienstleistungen nicht immer gleich sind; insbesondere im Internet. So entstand die Idee, diesem Phänomen auf den Grund zu gehen und zu verstehen, welches Kalkül und welche Mechanismen dahinter stecken.
Welche Erkenntnisse haben Sie aus Ihrer Arbeit gewonnen? Gab es dabei Einsichten, die Sie überrascht haben?
Die Arbeit prüft, ob bei der Buchung von Ferien Preisunterschiede aufgrund des Wohnorts oder des benutzten Geräts feststellbar sind. In detaillierten Experimenten konnte ich Preisdiskriminierung mit Differenzen von bis zu 300 Franken nachweisen. Trotz Vermutungen in diese Richtung war die Höhe der Differenzen und die Intransparenz verschiedener Webseiten überraschend hoch.
Weiter wäre spannend, die Wahrnehmung innerhalb der Gesellschaft von unterschiedlichen Arten der Preisdiskriminierung zu untersuchen. Eine mögliche Hypothese wäre:
«Während Preisdiskriminierung in Form von Seniorentarifen oder Ermässigungen für Jugendliche als gerecht empfunden und akzeptiert wird, wird Preisdiskriminierung in Form von differenzierter Preissetzung basierend auf Geolokalisierung der IP-Adresse als ungerecht empfunden.»
Quelle: zVg. durch Nicolas Wehrli
Nicolas Wehrli (21) war Maturand an der Kantonsschule Limmattal und studiert nun Informatik an der ETH Zürich. Es fasziniert ihn, die Hintergründe und treibenden Mechanismen verschiedenster Probleme zu entdecken, wofür er sich momentan die technischen Fähigkeiten aneignet.
In seiner Freizeit geht er gerne wandern und spielt Gitarre.
Quelle: zVg. durch Ernst Füglistaler
Ernst Füglistaler (57) ist seit 2004 Lehrer für Wirtschaft & Recht an der Kantonsschule Limmattal, Urdorf. Er studierte Volkswirtschaftslehre an der Universität Zürich und erwarb dort später auch das Handelslehrerdiplom.
Iconomix: Herr Füglistaler, Sie haben die Maturaarbeit von Nicolas Wehrli betreut. Was zeichnet dessen Arbeit besonders aus?
Ernst Füglistaler: Die Maturaarbeit von Nicolas Wehrli zeichnet sich insbesondere dadurch aus, dass er die ökonomischen Grundlagen der Preisdiskriminierung präzise und bereits auf die konkrete Fragestellung bezogen mit guten und einleuchtenden Beispielen beschreibt.
Ausserdem gelang es ihm, trotz unerwarteter Einschränkungen durch die globale Corona-Pandemie, seine beiden Experimente korrekt durchzuführen und die gewonnenen Daten detailliert zu analysieren.
Bei der Auswertung stellt Nicolas Wehrli fest, dass zwar nicht alle Daten in der Realität mit den theoretischen Annahmen korrespondieren, trotzdem konnte er Preisdiskriminierung mit Differenzen von bis zu 300 Franken auf verschiedenen Webseiten in Abhängigkeit der benutzten Endgeräte nachweisen.
Die ganze Maturaarbeit von Nicolas Wehrli finden Sie hier.